Es existieren viele Wege in die Profimusik sowie unter die Top-Positionen der internationalen Charts. Die Sängerin und Songwriterin Laura Pergolizzi, eine Amerikanerin mit italienischen Wurzeln, die sich als Künstlerin schlicht LP nennt, wählte indes einen selbst für heutige Verhältnisse eher unüblichen. Denn streng genommen lässt sich ihr bisheriger künstlerischer Pfad, der bereits 2001 begann und erst jetzt zu voller Blüte erwächst, in drei Abschnitte einteilen. Da war zunächst ihr Versuch, im Alleingang und ohne ein potentes Label im Rücken den Weg in die Öffentlichkeit zu finden, gefolgt von vielen Jahren als Ghost-Writerin für andere Künstler, sowie, seit 2014, nun der kontinuierlich wachsende Erfolg als international gefeierte Solomusikerin. Selbst wer sich mit der Independent-Kultur der US-amerikanischen Musikszene nicht sonderlich gut auskennt, dürfte in jüngerer Vergangenheit auf LP einmal gestoßen sein. Ausgelöst durch ihre erste weltweit nachhaltig erfolgreiche Single „Lost On You“, die 2015 etwa in Belgien, Frankreich, Griechenland und Polen bis an die Spitze der Charts stieg, in Österreich, der Schweiz und Italien bis in die Top 5 kletterte und in vielen weiteren Ländern, darunter auch in Deutschland, ebenfalls unter den Top 40 notierte. Ihr im vergangenen Dezember veröffentlichtes, viertes Studioalbum „Lost On You“ folgte diesem Weg und bescherte LP eine längst überfällige internationale Anerkennung. Denn eines ist an LPs Musik und Wirken absolut außergewöhnlich: Die Tochter einer Opernsängerin – mithin vertraut auch mit den opulentesten vokalistischen Tönen und Gesten – ist kaum zu kategorisieren. In ihrem Sound findet man den Folk, Country und Singer-/Songwriter der Siebzigerjahre ebenso wie ein modernes Gefühl für Pop-Tunes und sogar dezente Anleihen an die elektronische Musik; gleichzeitig folgt ihr Songwriting häufig eher den Merkmalen der modernen Urban Music. Was zunächst widersprüchlich klingt, verbindet sich in ihrer Musik und ihren Songs jedoch auf traumwandlerische Weise.Welche ausgeprägten Talente sie in der Verschmelzung all dieser unterschiedlichen Einflüsse besitzt, kam allerdings erst zum Vorschein, nachdem sie ihre ersten Unternehmungen als Solokünstlerin hintenan und ihre kompositorischen Qualitäten in den Dienst anderer Musiker stellte. Zu dem Zeitpunkt, also vor gut einem Jahrzehnt, hatte LP bereits zwei Soloalben veröffentlicht, bis dahin massiv gefördert (und auch produziert) durch David Lowery, den Kopf der Band Cracker, sowie, beim zweiten Album, durch die ehemalige 4 Non Blondes-Frontfrau Linda Perry. Nachdem diese beiden Alben - „Heart-Shaped Scar“ (2001) und „Suburban Sprawl & Alcohol“ (2004) – zwar von der Kritik gelobt, am Markt aber kommerziell ziemlich untergegangen waren, konzentrierte sich LP für viele Jahre zunächst darauf, ihre Songwriting-Skills zu verfeinern, indem sie als Ghostwriterin für andere Künstler tätig wurde. So schrieb sie neben vielen Album-Beiträgen für eher MOR-Rock-orientierte Künstler wie Heidi Montag, Cathy Dennos und Erik Hassle auch so manchen Hit für wahre Mainstream-Helden; darunter „Love Will Keep You Up Tonight“, das sich auf dem Comeback-Album der Backstreet Boys befindet, den Hit „Cheers (Drink To That)“ für Rihanna oder mit „Beautiful People“ den zentralen Song für den Soundtrack zum Film „Burlesque“, performt von Christina Aguilera. Diese Erfolge „hinter dem Vorhang“ brachten ihr letztlich ein Engagement für die US-Version von „The Voice“ ein, wo sie exklusiv den späteren Finalisten Vicci Martinez betreute und ihm den Hit „Afraid To Sleep“ auf den Leib schneiderte. Erst 2013 nahm sie, nun frisch ausgestattet mit einem Majorlabel-Vertrag, ihre eigene Karriere als Sängerin wieder auf; gemeinsam mit vielen befreundeten Musikern sowie dem überraschenden Produzenten Rob Cavallo – sonst eher ein Fachmann für harten Rock und Punk – nahm sie das Album „Forever For Now“ auf, das ihr 2014 erstmals auch den Einstieg in die US-Billboard Charts ermöglichte. Im vergangenen Dezember folgte nun mit „Lost On You“ das erste international gefeierte Werk, das vor allem eines beweist: Die rund 15-jährige Anlaufzeit zur weltweit geachteten Solo-Performerin haben der Qualität, Tiefe und Eigenständigkeit von LPs Musik sehr gut getan. Ob R'n'B, Pop, Electro-Beats, Indie oder alter Folk im Geiste Van Morrisons und Jeff Buckleys: LP vereinnahmt all diese Elemente und macht sie zu ihren eigenen, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.
+ Alice Phoebe Lou
Tickets: 27,10€